Schlägt man im Duden das Wort „Wunsch“ nach, wird es als fantasiertes Ziel erklärt, das nicht unbedingt mit der Realität in Einklang gebracht werden kann. Als Synonym wird an gleicher Stelle sogar der Begriff „trügerische Hoffnung“ genannt. Vor diesem Hintergrund möchte der aufmerksame Zuhörer den beiden Architekturabsolventen Jan Stapelmann und Michel Zimmermann am liebsten raten, das Wort „Wunsch“ völlig aus ihrem Wortschatz zu streichen, denn es scheint so gar nicht zu den großen Schritten zu passen, die die jungen Männer bereits gegangen sind. Anders als andere Krefelder in ihrem Alter jagen der 26-jährige Jan und der 28-jährige Michel keineswegs einem fantasiertem Ziel hinterher oder folgen einer trügerischen Hoffnung, sondern sie arbeiten mit vollster Leidenschaft und größtem Engagement an ihrem Lebensweg, der schon jetzt eine Aneinanderreihung von Meilensteinen darstellt.
Jan und Michel lernten sich im Jahr 2015 zu Beginn ihres Studiums an der Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf kennen. Hatte Jan nach seinem Abitur am Krefelder Moltke-Gymnasium gerade ein Freiwilliges Soziales Jahr beendet, hatte der ältere Michel bereits in seiner Heimat Ostwestfalen eine Ausbildung als Tischler in einer Manufaktur für Massivbaumöbel absolviert. „Bis dahin gingen wir beide unterschiedliche Lebenswege, aber wurden dennoch von der gleichen Motivation angetrieben“, erklärt Jan. „Wir wollten gestalten.“ Der 26-Jährige ist in einer Künstlerfamilie aufgewachsen und durch die Tätigkeit seiner Eltern schon immer kreativ geprägt worden. Die Entscheidung, Architektur zu studieren, war für ihn schon früh gefallen. Michel dagegen faszinierte schon immer der bewusste und nachhaltige Umgang mit Materialien. Eine Architektin aus Düsseldorf, die in seinem Ausbildungsbetrieb für den Privatgebrauch Möbel in Auftrag gab, war so begeistert von seinem Herzblut, dass sie ihm einen Praktikumsplatz in der Rheinmetropole anbot. Erst hier entschloss sich Michel zum Architekturstudium – und kehrte nicht mehr nach Ostwestfalen zurück.
An der Peter Behrens School of Arts, dem ersten gemeinsamen Meilenstein auf ihrem Weg, fanden die beiden jungen Männer dann schnell zusammen: Ihr Ehrgeiz, ihre Disziplin, ihr Anspruch an Architektur und Design, ihre Liebe zu Geradlinigkeit und Nachhaltigkeit machten aus den beiden ein erfolgreiches Duo in oft praktizierten Teamarbeiten, ihre Persönlichkeit aber ließ sie zu Freunden werden. „Wir hatten so Spitznamen wie Pat und Patachon“, erinnert sich Michel und lacht. „Nicht nur in der Hochschule verbrachten wir die gesamte Zeit miteinander, auch nach Feierabend hingen wir ständig zusammen rum.“
So wundert es nicht, dass sich auch das Auftreten der beiden immer mehr anzupassen schien. Heute tragen sowohl Jan als auch Michel schwarze Hosen, schwarze Pullover und schicke Lederschuhe. Im Raum bewegen sie sich fast synchron. Während Michels blonde Haare ordentlich zurückgekämmt sind, zieren schwarze, wilde Locken Jans Stirn. Die schlanken, hochgewachsenen Männer können beide mit Sprache umgehen, sind charismatisch und selbstbewusst. Lediglich ihre Art zu reden unterscheidet sie im Gespräch: Jan liebt es, mit seinen Worten zu gestalten, bedient sich einer bildhaften Sprache. Michels Stimme dagegen ist tief und gesetzt. Ist sein Gesprächsanteil nicht wesentlich geringer als Jans, lässt er sich Zeit, über seine Worte nachzudenken und formuliert seine Sätze eher sachlich. „Im Studium haben wir schnell gemerkt, dass wir durch unsere unterschiedlichen Schwerpunkte und Qualitäten gut zusammen funktionieren“, beschreibt Jan. „Ich bin der Kreativere von uns beiden und Michel ist mehr technisch versiert. Das ergibt ein gutes Wechselspiel.“
Ganz natürlich war deswegen bereits während des Studiums die Entscheidung, auch beruflich zukünftig eine Einheit zu bilden. Ein weiterer gemeinsamer Meilenstein, denn schon während der Zeit an der Hochschule in Düsseldorf rieselten immer wieder Jobs in die Hände der damaligen Architekturstudenten. So wurden die beiden Freunde 2017 zum Beispiel beauftragt, in einer Nacht- und Nebelaktion schicke Holzbrettchen für den VIP-Bereich der Tour de France herzustellen oder sie planten gemeinsam moderne Interiorelemente auf Anfrage. „Dass wir uns zusammengeschlossen haben, ist der Schlüssel für einen hohen Qualitätsstandard“, sagt Jan selbstbewusst. „Wenn einer von uns eine Idee hat, dann plant er erst selbst und stellt sie anschließend dem anderen vor. Wir nehmen kein Blatt vor den Mund, sondern gehen in einen ausgewogenen Dialog. So können wir gemeinsam am Ende das Maximum herausholen.“
Karin und Thomas sind zwei Krefelder, die von dieser Symbiose profitieren. Gemeinsam mit den Jungarchitekten gestalten sie Schritt für Schritt ihre Doppelhaushälfte in Krefeld um. „Nach dem Auszug unserer Kinder hatten wir Lust, uns wohnlich noch einmal zu verändern, aber uns fehlte die Vorstellungskraft, wie unsere Doppelhaushälfte irgendwann aussehen könnte“, erklärt die Bauherrin. „Irgendwann sind wir mit Jan Stapelmann in Kontakt gekommen.“ Die beiden Architekturabsolventen begingen das Haus und sprachen transparent über Kosten und Möglichkeiten. Sukzessiv zeigten sie, wie einzelne Elemente das Haus verändern könnten und berieten, für welche Umgestaltungen Experten notwendig seien und was die Bauherren in Eigenleistung selbst umsetzen könnten. Darüber hinaus gaben Sie Tipps, welche Möbel beibehalten werden sollten und an welchen Stellen Einzelanfertigungen das Haus aufwerten könnten. „Nachhaltigkeit ist für uns ein großes Thema. Hier in diesem Haus war zum Beispiel eine solide Küche bereits vorhanden“, beschreibt Michel. „Am Ende hat ein freischwebender Rüster-Tisch gereicht, um den Raum zu veredeln.“ Das war weder aufwändig noch teuer.
Jan Stapelmann Michel Zimmermann
Durch die flexible Planungsweise der beiden Jungarchitekten und die große Selbstleistung des Bauherren ist aus den Mitteln für eine partielle Umgestaltung des Hauses eine Gesamtsanierung geworden – ein Meilenstein vor allem für das Portfolio der Architekturabsolventen. Insgesamt sind Stapelmann und Zimmermann jetzt bereits seit zwei Jahren mit dem Ehepaar im Prozess. Das Wohnbild hat sich dabei um 180 Grad gedreht. Sind Besucher vorher in ein gewöhnliches Familiendomizil mit Laminat, Korbelementen und einem ausladenden Pinienschrank getreten, werden sie nun von einem ruhigen Raumgefühl überrascht, das jedes einzelne Element fast wie durch eine unsichtbare Hand zu verbinden scheint. „Das Geheimnis unserer Arbeit ist es, dass der Betrachter unsere Gestaltungselemente nicht direkt sieht, ihm aber auffallen würde, wenn sie fehlten“, erklärt Michel. Jan nennt dieses Gestaltungsmerkmal „leise“, es dränge sich nicht auf.
Die Einheit des Hauses beginnt bei der Fußbodengestaltung. Große Betonfliesen führen durch alle Räume und werden auch auf der Terrasse wieder aufgenommen. So wirkt der erweiterte Wohnbereich im Zusammenspiel mit dem Außengelände großzügig. Dabei verbinden sich die Fugenlinien mit den Möbeln und Wandelementen. Das Sideboard beispielsweise schließt mit den Fugen ab, auch die Türöffnungen sind parallel zu ihnen gesetzt. „Das verleiht dem Raum Ruhe und Leichtigkeit“, erklärt Michel. Wenige, bewusste Highlights schenken den cleanen Räumen dabei Gemütlichkeit. „Gutes Design braucht keine Deko“, sagt Jan und schmunzelt. „Selbst die Vase auf dem Sideboard gehört ins Konzept.“ Eine einzige, silberne Wand wirkt dabei wie ein lebendiges Kunstwerk. Gegenüber den Terrassenfenstern platziert, nimmt sie die natürliche Lichtentwicklung des Himmels in sich auf. Scheint die Sonne, strahlt sie durch die silberne Wand durch das gesamte Wohnzimmer. Lässt sich der Feuerball zur Abendruhe hinab, spiegelt sich der Sonnenuntergang auf ihr.
Auch in der ersten Etage setzt sich dieses gradlinige, ruhige Design fort. Ein weiß gefliestes Standardbad ist einem Waschtempel gewichen. Im gleichen Stil wie das Sideboard reiht sich ein Waschtisch in das Ensemble, eine große, reduzierte Dusche rundet mit einer außergewöhnlichen Badewanne den Raum ab. „So hätten wir es allein nie gelöst, aber der Raum ist einfach wunderschön“, erklärt die Bauherrin. „Ich fühle mich in meinen Ansprüchen total verstanden und gesehen.“ Haben Michel und Jan dem Ehepaar zu einem neuen Wohngefühl verholfen, betonen sie, dass sie auch für den Entwurf eines einzelnen Möbelstücks oder eines einzelnen Raums zu buchen sind. Auch reine Beratungstätigkeiten werden von dem Duo angeboten. Die Neugestaltung einer wunderschönen Holzterrasse wurde im Sommer beispielsweise durch die Jungarchitekten abgewickelt, aktuell betreuen sie den Gesamtumbau einer Küche. Kann die Inneneinrichtung durch die beiden schon ganzheitlich betreut werden, steht der Gesamtbau eines Hauses dagegen noch auf der Zielliste. Noch befinden sich Stapelmann und Zimmermann in ihrer zweijährigen Anerkennungsphase als Architekten, erst danach dürfen Bauanträge eigenständig gestellt werden.
Fragt man die beiden Jungarchitekten, die beide im letzten Sommer als Trauzeuge dem jeweils anderen zur Seite standen, nach ihren Vorstellungen für die nächsten Jahre, ist es dennoch nicht der Moment des Einreichens des ersten Bauantrages, der ihnen direkt in den Sinn kommt, sondern ein emotionaleres, viel größeres Ziel. „Wir wünschen uns, dass uns unser Beruf für immer mit der gleichen Leidenschaft wie heute erfüllt und dass wir diesen Weg als Atelier Stapelmann & Zimmermann gemeinsam gehen.“ Und während die´einvernehmlichen Worte der beiden Jungarchitekten in dem so leisen Raum noch nachhallen, hat sich der Zuhörende bereits dazu entschieden, dass der Sachverstand, die Kreativität und der hohe, gegenseitige Respekt, den die beiden füreinander aufbringen, dafür sorgen werden, dass auch dieser Wunsch in den nächsten Jahren ein Meilenstein werden wird.
Atelier Stapelmann & Zimmermann
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